Für Claudia.
I.
Die Bilder kommen ungefragt.
Bizarres Mosaik des Schreckens.
Zwischen Gängen, Türen, Zimmern, Apparaten
Dein immer schmaler werdendes Gesicht.
Gibt deinen Augen Überproportion.
Verstärkt die Wucht der einen Frage:
Warum?
Keine Antwort.
Immer noch nicht.
Zugeschnürt die Kehle.
Erstickend am Ohnmachtsschrei
bleibt der Mund
stumm.
II.
Seitdem erinnern die Wellen der Ozeane
An dein Grab in der Ostsee.
Bekommt unsere Meeressehnsucht
Fahlen Beigeschmack.
Das Salz des Meeres
Und das Salz unserer Tränen
Mischen sich mit deiner Asche.
Unwiederbringlich.
Zeit heilt keine Wunden.
Physiologie der Gnade:
Der Schmerz formt sich zu einer Welle.
Der Alltag des Wellentals
Lässt uns Atem schöpfen,
Leben spüren.
Auf dem Wellengipfel
funktionieren wir nur.
III.
Die großen runden Augen
Deiner Katze
Verheißen uns Antworten.
Fellgewordenes Versprechen
Wandern zu können
Zwischen den Dimensionen.
Was der Kopf nicht begreift
Kann der Ätherleib erfahren.
Unscharf wird die Trennung
Zwischen Leben und Tod.
Übergang nur in ein anderes Sein.
Scheinbar unwichtig die Reihenfolge
In der wir nach Hause kommen.
Und dennoch verlockend
die Pforte vorzeitig zu erreichen.
Wir widerstehen der Versuchung.
Mit uns erlösche die Erinnerung.
In bitter-süßer Dankbarkeit
Halten wir uns
Und das Geschenk des Lebens.
IV.
So kannst du sehen
Mit unseren Augen.
Hören
mit unseren Ohren.
Schmecken
mit unserer Zunge.
Fühlen, tasten
Mit unserer Hand.
Du wirst durch uns
Zum Riesen mit den drei Nasen.
Denn die Schnuffel-Nase
ist auch dabei.
Immer noch ungewohnt
Mit dir im Herzen zu sprechen.
Wir lernen so langsam.
Haltet mich nicht fest.
War das deine Stimme?
Bernd Werner, Lieder der Sehnsucht, 31.03.2019